Volkseinkommen: Volkseinkommen und Sozialprodukt

Volkseinkommen: Volkseinkommen und Sozialprodukt
Volkseinkommen: Volkseinkommen und Sozialprodukt
 
Volkseinkommen, Bruttosozialprodukt, Nettosozialprodukt und Bruttoinlandsprodukt sind häufig genutzte Maßzahlen, die die Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft beschreiben. Sie werden im Rahmen der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) ermittelt. Mit der Revision der VGR 1999 wurde das Europäische System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG) 1995 umgesetzt; fortan wird u. a. der Begriff Sozialprodukt durch den Begriff Nationaleinkommen ersetzt.
 
 Bruttosozialprodukt und Nettosozialprodukt
 
Das Bruttosozialprodukt (BSP) entspricht dem Wert aller in einem bestimmten Zeitraum produzierten Güter (Waren und Dienstleistungen). Die Güter, die als Vorleistungen bei der Produktion verbraucht wurden, werden abgezogen. Hinzugezählt werden die aus dem Ausland netto empfangenen Erwerbs- und Vermögenseinkommen. Das BSP bezieht sich auf die wirtschaftliche Betätigung der Inländer, also der Institutionen und Personen, die ihren ständigen Sitz bzw. Wohnsitz im Inland haben, nicht jedoch zwingend ihren Arbeitsplatz. Daher wird das BSP auch als Inländerprodukt bezeichnet. Das BSP berücksichtigt Bruttoinvestitionen, das bedeutet, es umfasst auch die im betrachteten Zeitraum produzierten Güter, die dazu dienen, bisherige Anlagen zu ersetzen. Zieht man die verbrauchsbedingten Abschreibungen ab, so erhält man das Nettosozialprodukt.
 
 Marktpreise oder Faktorkosten
 
Um die produzierten Güter messen zu können, müssen sie bewertet werden. Ein nahe liegendes Verfahren übernimmt die Preise der Güter auf dem Markt (Brutto- oder Nettosozialprodukt zu Marktpreisen). Darin enthalten sind allerdings indirekte Steuern wie etwa die Alkohol- oder Mehrwertsteuer. Soll ermittelt werden, wie viel Einkommen im betrachteten Zeitraum aus den eingesetzten Produktionsfaktoren erwirtschaftet wurde, dürfen diese Steuern nicht in die Berechnung einfließen. Staatliche Subventionen, die Unternehmen erhalten, müssen dazugezählt werden. Das Volkseinkommen errechnet sich somit aus dem zu Marktpreisen bewerteten Nettosozialprodukt abzüglich der indirekten Steuern und zuzüglich der Subventionen (Nettosozialprodukt zu Faktorkosten). Vom Volkseinkommen zu unterscheiden ist das verfügbare Einkommen der Unternehmen und privaten Haushalte. Zur Ermittlung dieser Größe müssen noch Beträge wie Lohnsteuer, Körperschaftsteuer oder Sozialbeiträge abgezogen und Transferleistungen des Staates hinzugezählt werden. Die Berechnung von Marktpreisen bringt ein weiteres Problem mit sich, die Inflation; denn es wird eine Wertschöpfung erfasst, die real keine ist. Daher werden die Maße in Bezug auf konstante Preise eines Basisjahres berechnet.
 
 Sozialprodukt und Inlandsprodukt
 
Das Bruttosozialprodukt misst das Produktionsergebnis aller Bewohner eines Landes. Ausgehend von diesem Wert erhält man das Bruttoinlandsprodukt, indem die Einkommen der Inländer im Ausland subtrahiert und die Einkommen der Ausländer im Inland addiert werden. Das Bruttoinlandsprodukt gibt damit die Wertsumme aller im Inland erzeugten Waren und Dienstleistungen (Bruttoinlandsprodukt zu Marktpreisen) an. Abzüglich der Abschreibungen ergibt sich das Nettoinlandsprodukt.
 
 Wie werden die Maße berechnet?
 
Die beschriebenen Maße lassen sich auf verschiedene Weise berechnen. Dabei wird an unterschiedlichen Stellen des Kreislaufschemas angesetzt. Zum einen wird ausgegangen von der Produktion (Entstehungsrechnung), wenn die Wertschöpfungen aller Haushalte, der Unternehmen und des Staates aufsummiert werden. Zum anderen wird bei der Verwendung angesetzt, wenn die Summe aller Konsumausgaben, Investitionsausgaben, der Nachfrage des Staates und des Außenbeitrags gebildet wird. Zuletzt kann auch die Verteilungsseite betrachtet werden, indem Faktoreinkommen (Zins, Grundrente, Lohn und Unternehmensgewinn) aufaddiert werden.
 
 Das Sozialprodukt als geeignetes Wohlstandsmaß?
 
Oft wird kritisiert, dass viele in der Volkswirtschaft erbrachten Leistungen nicht gemessen werden. Dies sind vor allem Arbeiten innerhalb der privaten Haushalte sowie alle anderen Leistungen, die der Schattenwirtschaft zugerechnet werden müssen. Dazu zählen beispielsweise die Selbstversorgung aus dem Garten, die Nachbarschaftshilfe beim Bau eines Hauses, aber auch Schwarzarbeit. Die Kritik an der Aussagekraft des Sozialprodukts als Wohlstandsindikator bezieht sich auch auf einen zweiten Aspekt. So können bestimmte qualitative Eigenschaften der wirtschaftlichen Entwicklung ebenfalls nicht berücksichtigt werden, etwa die Verringerung der Ungleichheit der personellen Einkommensverteilung oder auch eine möglichst geringe Umweltbeeinträchtigung. Diese und ähnliche Kritik am Sozialprodukt als Wohlstandsindikator haben zur Entwicklung alternativer Konzepte beigetragen (z. B. verschiedene Sozialindikatoren), die allerdings auch erhebliche Defizite aufweisen.

Universal-Lexikon. 2012.

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